Onkel Toms Hütte, Berlin von Pierre Frei
Rezension: "Onkel Toms Hütte, Berlin"
Rezensent: Achim Schmidtmann
Pierre Frei: Onkel Toms Hütte, Berlin
Heyne Verlag 9,95€
Roman. Erschienen Juli 2005
Pierr Freis Buch ist eine Mischung aus historischem Roman und Krimi. Die Haupthandlung spielt im Berlin der Nachkriegsjahre speziell um den U-Bahnhof Onkel Toms Hütte herum. Dort fahndet Inspektor Klaus Dietrich nach einem Frauen- bzw. Serienmörder, der es immer auf blonde junge Frauen abgesehen hat.abr />
Alle Frauen haben neben ihrem Aussehen noch eine enorme Leidensfähigkeit und Willenskraft gemein, mit denen sie, aus ganz verschiedenen Millieus stammend, die Nazizeit und den Krieg überstanden haben. Wie sie das geschafft haben aber auch welche Freuden und Leiden sie erlebt haben und welche Gefahren sie dabei überstanden haben, das berichtet Frei für jedes Opfer im Detail. Auf diese Weise erhält man ein facettenreiches Bild dieser Zeit in Deutschland und insbesondere in Berlin, aber die Krimihandlung rückt etwas in den Hintergrund.
Doch alle Lebenswege laufen bei Onkel Toms Hütte zusammen und werden dort leider auch brutal beendet. Inspektor Dietrich, der mit seinem verlorenen Bein und den gelegentlichen Schwierigkeiten mit den Besatzungsmächten zu kämpfen hat, wäre lieber wieder in seinem alten Beruf zurück. Doch je mehr Frauen ermordet werden, desto tiefer gerät er in denn Sog des Verbrechens.
Mit über 500 Seiten hat Pierre Frei einen gewaltigenn Schinken hingelegt, was nicht zuletzt dadurch begründet ist, dass er die Frauenschicksale so ausführlich beschreibt. Dieses tut er recht spannend und unterhaltsam, so dass der roman sich flüssig lesen lässt.
In allen Biographien spielt Sex eine wichtige Rolle und Frei scheint es zu gefallen, die Frauen in der ganzen Kraft ihrer Weiblichkeit zu beschreiben. Auch die Rahmenhandlung und dort insbesondere der Sohn des Inspektors Ben giert nach dieser, seine rersten körperlichen Vereinigung.
Für mich war die letztendliche Auflösung eine überraschung. Der Leser bekommt zwar einige Hinweise, aber Frei schafft es, nie zu viel zu offenbaren - na ja, teilweise ist das auch nicht kompliziert, da er sich in den Frauenschicksalen verliert. Aber trotzdem hält die Spannung bis zum Schluss an.
Mein Urteil: eine Leseempfehlung für alle, die an der Zeit Interesse haben und auch gerne Lebensgeschichten lesen. Wer den reinen Krimi sucht, sollte sich anders entscheiden.
Ich lese gerade:
Trümmertote: ein Kommissar Oppenheimer Krimi im Berlin 1949 von Harald Gilbers
Und ich höre gerade:
Tod am Bosporus: Ein Inspektor-Íkmen-Krimi von Barbara Nadel, RADIOROPA Hörbuch