Russendisko
Rezension: "Russendisko"
Rezensentin: Sonja Ceri
Wladimir Kaminer: Russendisko
Zum Buch:
Der junge Wladimir Kaminer lebt in der Sowjetunion, als er erfährt, dass Honecker Juden in der DDR aufnimmt, als eine Art Wiedergutmachung dafür, dass sich die DDR nie an den deutschen Zahlungen für Israel beteiligte. Spontan entschließt er sich mit seinem Freund Mischa nach Deutschland auszuwandern. Die Fahrkarte kostet nur 96 Rubel und ein Visum benötigt er für Ostberlin auch nicht - Auswandern war noch nie so einfach.
So startet Kaminer mit einer Stange russischer Zigaretten sowie einer Flasche Wodka der Marke "Lebewohl" seine Reise nach Berlin-Lichtenberg. Mit der Auflösung der DDR ergattert er sich, mit einer Schar anderer Emigranten, ein Zimmer im Ausländerheim in Marzahn bis er es schafft eine Wohnung in Prenzlauer Berg zu besetzen. Doch schnell begreift er, dass im Westen alles anders läuft als in der Heimat. Nichts ist hier so wie es zunächst erscheint. Hier sprechen die Griechen in der Pizzeria italienisch, die Türken aus dem Imbiss nebenbei sind eigentlich Bulgaren und die vietnamesischen Zigarettenverkäufer kommen ursprünglich aus der inneren Mongolei.
Aber auch die Deutschen sind ein undurchsichtiges Volk für den neugierigen Russen.
Die Dame aus der Sparkasse ist eigentlich Tänzerin eines Audioballetts und den Sachbearbeiter aus dem Arbeitsamt trifft man abends in der Schwulenbar. Den in Berlin lebenden Russen fällt es daher nicht schwer sich unauffällig unter das Volk zu mischen. Mit russischem Telefonsex oder als Radiodoktor findet man hier genügend Integrationsmöglichkeiten.
Die Helden aus Kaminers Kurzgeschichten haben alle Hände voll zu tun sich durch den alltäglichen Irrsinn des Großstadtdschungels zu hangeln. Zwischen Künstlern, Intellektuellen, Verlierern und hoffnungslose Idealisten findet der russische Einwanderer seinen Platz Erfrischend komisch und gewitzt erzählt Kaminer von einem skurilen Berlin im Chaos der Wendezeit. Subversiv und satirisch beleuchtet er das multikulturelle Leben und lässt so manchen Leser über deutsche Eigenheiten wundern. Nach 50 Geschichten hat man richtig Lust auf Völkerverständigung in der Russendisko.
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