Tersias

Rezension: "Tersias"
Rezensentin: A. Lehmann

Graham P. Taylor: Tersias

Zum Buch:
"Tersias" erschien im Januar 2006 als gebundenes Buch beim Arena-Verlag und umfasst 380 Seiten.

Zum Inhalt:
Die Geschichte spielt im London des späten 18. Jahrhunderts. Ein Komet, der auf die Erde zusteuert, hat die meisten Menschen aus der Stadt vertrieben. Hier wächst der junge Tersias auf. Tersias wurde als Kind von seiner eigenen Mutter geblendet, damit er beim Betteln mehr Geld bekommt. Doch was seine Augen nicht mehr können, macht sein Geist wett, denn Tersias kann auf einmal sehen, was in der Zukunft geschehen wird. Als Tersias Mutter ihn an den Magier Magnus Malachi verkauft, entdeckt dieser das ungewöhnliche Talent, das in Tersias erwacht ist. Er hält den Jungen in einem Käfig gefangen und verdient Geld mit dessen Gabe. Zu dieser Zeit treibt auch der gerissene Dieb Jonah Ketch sein Unwesen in London. Eines Tages stiehlt er eine Kassette aus einem großen Herrenhaus, die einen sehr wertvollen Stein enthält. In dem Versuch, den Stein wiederzufinden, wendet sich der Besitzer an Malachi, der Tersias auf die verschwundene Kassette ansetzen soll. Da taucht der Prophet Solomon auf, der es ebenfalls auf Tersias und sein Talent abgesehen hat und ihn in seine Gewalt bringt und die Ereignisse geraten außer Kontrolle.

Ein ganz besonderes Plus dieses eher unbekannten Romans ist die Atmosphäre. Viktorianische Romane gibt es nun wirklich in Hülle und Fülle (weshalb ich trotzdem nie genug von ihnen bekommen kann), doch durch die Vermischung mit dem drohenden Kometen entsteht eine ganz neue Welt. London ist teilweise verlassen, zerstört und geplündert. Die viktorianische Pracht wird zu großen Teilen durch apokalyptische Ödnis ersetzt. Was bleibt, ist der düstere Aspekt der damaligen Zeit. Schummrige Gasthäuser, zahlreiche Diebe und Straßenkünstler, die versuchen, irgendwie an ihre nächste Mahlzeit zu kommen, dunkle, schmutzige Gassen. Etwas kurz angebunden sind die Beschreibungen der Figuren. So werden zwar deren Hintergründe und Ziele noch erläutert, auf die charakterlichen Eigenheiten wird jedoch nur kurz eingegangen. Besonders bei den Hauptfiguren Tersias, Jonah und Tara, in die sich Tersias später noch verliebt, finde ich das sehr schade. Hier hätte ich mir durchaus noch etwas mehr Tiefe gewünscht.

Empfehlen würde ich den Roman für eine Altersklasse von etwa vierzehn bis achtzehn Jahren, auch wenn das völlig dem widerspricht, was der Verlag vorschlägt. Für jüngere Leser ist der Roman meiner Meinung nach zu düster und brutal. An Gewaltszenen wird hier nicht gespart. Das an sich wäre noch gar nicht mal das Problem. Durch die beständige Anwesenheit von Gewalt und Misshandlung strahlt die Geschichte jedoch eine Atmosphäre aus, die ich für jüngere Leser unpassend finde. Zu bedrückend und angsteinflößend ist das Gesamtpaket.

Fazit: Eine nette Geschichte, die besonders durch die äußerst lebendigen Beschreibungen und die regelrecht auf den Leser überspringende Atmosphäre besticht. Skrupellosigkeit, Gewalt, Egoismus und Endzeitstimmung mischen sich zu einem ziemlich düsteren Gesamtbild, das ich Lesern unter vierzehn Jahren eher nicht zumuten wollen würde. Für ältere ist das Buch jedoch durchaus zu empfehlen, da es mit einer ganz eigenen Welt aufwartet, bei der die Figuren eher in den Hintergrund treten und die knappen Beschreibungen der Charaktere deshalb nicht zu negativ auffallen.

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